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„Sorry I am late…“

Veröffentlicht am

week no. forty-seven

Der Titel meines heu­tigen Wochen­rück­blicks spielt schon die ver­spä­tete Ver­öf­fent­li­chung an. Der Sonn­tags­post kommt leider erst heute online… Mit der Über­schrift möchte ich aber auch auf ein ganz anderes Thema ein­gehen, Euch erzählen warum es die letzten Tage so ruhig war auf meinem Blog.

„Sorry I am late…“

Meine Freunde werden ver­mut­lich lachen, wenn sie den Titel lesen, da ich zu Ver­ab­re­dungen ten­den­ziell eher spät als früh erscheine. Mein Freund sagt, das läge daran, dass ich bevor ich das Haus ver­lasse noch 1000 Sachen erle­digen würde. Er hat nicht ganz unrecht. Ich will immer alles per­fekt haben, wenn ich wieder nach Hause komme und das geht nun einmal nur, wenn ich die Woh­nung zuvor ordent­lich ver­lasse. Viel­leicht sollte ich mich künftig nicht mehr an einer Kaf­fee­tasse stören oder zwin­gend noch den Müll rausbringen.

Das mit dem Zu-Spät-Kommen ist also nicht erst seit ges­tern ein Thema bei mir. In der ver­gan­genen Woche habe ich jedoch schmerz­lich erfahren müssen wie schlimm es tat­säch­lich sein kann, wenn man zu spät dran ist. Meine geliebte Oma hat inner­halb von wenigen Tagen so stark abge­baut, dass sie zu einem Pfle­ge­fall wurde. Im ersten Moment war nicht klar, ob sie die kom­menden Tage noch über­steht. Sie war bis vor kurzem mit ihren 87 Jahren noch Selbst­ver­sorger, mein Opa ist das mit seinen 92 Jahren immer noch. Im ersten Moment denkt man natür­lich daran, dass der Mensch von einem geht, wenn man diesen inner­halb von wenigen Tagen nicht mehr wieder erkennt.

Einer meiner schlimmsten Gedanken und Vor­würfe, die ich mir selbst gemacht habe, ist die Tat­sache, dass ich bei ihr so oft zu spät gewesen bin. Bei einem Besuch habe ich ver­spro­chen in der nächsten Woche gleich wieder vor­bei­zu­kommen. Letzt­end­lich war ich jedoch erst drei oder vier Wochen später wieder dort. Mein Job, vor allem aber die Reisen haben mir einen Teil meiner Frei­zeit geraubt haben. Hinzu kam, dass ich viel zu oft Besuche wie diese falsch prio­ri­siert habe oder es ist in der Hektik & Eile, die mein Leben in den letzten Jahren domi­niert, in Ver­ges­sen­heit geraten ist. Es fiel mir immer unheim­lich schwer die übrige Zeit kor­rekt auf­zu­teilen und dabei selbst nicht zu kurz zu kommen. Es war ein­fach nicht drin jedes Fami­li­en­mit­glied in der Woche zu besu­chen. Ver­mut­lich machen das aber auch die wenigsten sobald sie aus dem Haus sind. Für mich habe ich hier bis heute keine klare Rege­lung gefunden. Früher war das irgendwie leichter…

Jeden Freitag war ich pünkt­lich nach Fei­er­abend (ich hatte immer um 12 Uhr aus) zum Mit­tag­essen bei ihr. Nachdem wir gegessen hatten habe ich ihr beim Putzen geholfen, dann kam ein kleiner Mit­tags­schlaf für uns beide und im Anschluss daran haben wir uns immer noch so eine Schnulzen-Serie („Sturm der Liebe“) auf ARD geschaut. Jeden Freitag das gleiche Pro­ze­dere. Mit dem neuen Job, den neuen Arbeits­zeiten und den Reisen, die hin­zu­kamen, war es für mich ein­fach nicht mög­lich das so fort­zu­führen. Die Besuche ver­rin­gerten sich von 1x pro Woche auf 1x im Monat. Ich hatte immer im Hin­ter­kopf: „Nimm Dir mehr Zeit für Deine Groß­el­tern und plane die Besuche fest ein“ – es hat ein­fach nicht geklappt!

Ich war so sehr damit beschäf­tigt erfolg­reich zu werden. Etwas vor­weisen können worauf Eltern und Groß­el­tern stolz sein können. Wenn Oma oder Opa sterben wollte ich, dass sie mit dem Gedanken von uns gehen sich um mich keine Sorgen machen zu müssen. Sicher ist das auch ein wich­tiger Aspekt, aber am ver­gan­genen Mitt­woch brach eine Welt für mich zusammen und ich habe mich dafür gehasst, dass ich im den letzten Jahren nicht viel öfters bei beiden zu Besuch war. Mir wurde bewusst, dass manche Dinge eben doch nicht morgen erle­digt werden können. Was ist, wenn es kein Morgen mehr gibt? Diese Frage sollte man sich defi­nitiv viel öfters stellen. Ich meine nicht, dass man in Angst leben soll. Ein­fach nur die kleinen Hürden oder Anstren­gungen auf sich nehmen um die Men­schen, die wichtig für einen sind, denen man am Herzen liegt, zu treffen. Wir alle sind oft so abge­fuckt vom Alltag, dass uns man­ches ein­fach zu viel wird. Aber ist es wirk­lich zu viel nochmal in das Auto zu steigen und bei Mama, Papa oder dem besten Freund vor­bei­zu­fahren? Nein! Aber es ist sehr ein­fach sich mit Gejammer von diesen Ter­minen zu lösen. Der gegen­über hat Ver­ständnis dafür, weil jeder in erster Linie in seiner eigenen Welt lebt und mit den per­sön­li­chen Sachen beschäf­tigt ist.

Nimm Dir die Zeit bevor man sie Dir nimmt!

Der Zustand meiner Oma hat sich nicht weiter ver­schlim­mert, jedoch wurde er auch nicht besser… Alle waren ein wenig ratlos. Was tut man nun? Wie geht man in so einer Situa­tion vor? Keine Schmerzen oder ernst­hafte Erkran­kung also auch kein Kran­ken­haus. Alle berufs­tätig, ja wer ist dann da, wenn sie Hilfe braucht?

Schlimm eine so starke Per­sön­lich­keit, die mir defi­nitiv die besten Tipps fürs Leben gegeben hat, auf einmal so schwach zu sehen. Ich konnte in den letzten Tagen nicht schreiben und wollte es auch gar nicht. Ich war zum ersten Mal froh, dass der Blog nicht meine Selbst­stän­dig­keit ist. Meine oberste Prio­rität galt ihr. Ich habe geholfen wo ich konnte und bin dabei an meine kör­per­li­chen, wie see­li­schen Grenzen gestoßen, aber ich war da für sie. Genau wie viele andere in der Familie. Und wisst Ihr was? Sie hat es gemerkt. Als ich an einem Mittag neben Ihr saß hat sie vor sich hin gesagt: „Meine Janina… Heute war sie schon wieder da!“ – sie hat meine Anwe­sen­heit wahr­ge­nommen. War ich nicht da, hat sie ganz oft nach mir gefragt. Ich bin so dankbar, dass ich noch die Gele­gen­heit dazu habe Zeit mit ihr zu ver­bringen. Ich bereue es, nicht noch mehr tief­grün­dige Gespräche mit ihr geführt zu haben als es ihr noch gut ging. Ihr Wissen und ihre Rat­schläge erschienen mir immer so mächtig. Eine ganz wun­der­bare Frau, meine Oma!

Ver­mut­lich bringt es nichts mich mit Vor­würfen über die Häu­fig­keit meiner Besuche fertig zu machen. Ich kann nur hoffen sie weiß, dass ich da bin – jetzt wo sie mich wirk­lich braucht…

Der größte Ver­lust für das Leben
ist das Hinausschieben.

Seneca

10 Antworten
  • Jasmin
    29 . 11 . 2015

    Oh Janina <3 ich wün­sche deine Oma alles gute! Ich hoffe ihr geht es bald wieder besser. Ich habe leider keine Groß­el­tern mehr, meine thai­län­di­schen hab ich nie ken­nen­ge­lernt und nur auf Fotos gesehen und mein deut­scher Opa ist schon vor meiner Geburt an Krebs gestorben. Ich hatte ganz lange meine Omi die für mich da war und auch ein biss­chen Mama Ersatz war und habe es sehr lange nicht geschätzt bis sie tot war! Das ist mitt­ler­weile auch schon wieder 6 oder 7 Jahre her… sie hat immer für meinen Bruder und mich nach der Schule gekocht und ich habe so oft das Essen ein­fach mit nach oben genommen und nicht zusammen mit ihr gegessen. Das war schon ziem­lich undankbar. Aber das habe ich damals mit 1314 nicht gesehen, blöde Pubertät! Dein Text ist auch wirk­lich super geschrieben, man kann sich sofort hin­ein­ver­setzten. Wün­sche dir noch einen schönen Sonntag und hoffe du kannst noch ganz viel Zeit mit deiner Oma & deinen anderen liebsten ver­bringen! Zur Weih­nachts­zeit wird das einem ja auch immer mehr bewusst, finde ich, das Familie meist kürzer kommt als man eigent­lich will! (ok kommt drauf an wie das Ver­hältnis dazu ist, manche finden es auch gut die Familie nicht so oft sehen zu müssen haha)

    Liebe Grüße <3
    deine Jasmin

    • Jay
      07 . 12 . 2015

      Hey Du Liebe,

      Danke für den lieben Text! Meiner Omi geht es nicht besser, aber auch nicht schlechter. Ich bin froh, noch Zeit mit ihr ver­bringen zu können, aber sie leidet wirk­lich sehr… Und ja, leider denkt man z.B. in der Pubertät lang nicht so weit, ob und wie lange man die Men­schen um sich rum noch hat. Ich hoffe den­noch, dass Du viele schöne Erin­ne­rungen an Deine Oma hast. Und: Keine Vor­würfe machen, denn wenn einem jemand „das eigene Leben“ ver­zeiht, dann ist es die Familie. Deine Omi wird sicher Ver­ständnis dafür gehabt haben, dass ein Teenie sich lieber zurück­zieht als mit den Großen am Tisch zu sitzen ;-)

      Viele Grüße,
      Janina

  • Romy Matthias
    24 . 11 . 2015

    Oh, ich kann dich da voll­kommen ver­stehen. Meine Omi hat nun mit 84 Jahren eine Lun­gen­ent­zün­dung bekommen und inner­halb von einer Woche ist sie förm­lich zusammen gefallen kör­per­lich. Ist wirk­lich echt erschre­ckend, so etwas mit zu erleben. Lg Romy

    • Jay
      24 . 11 . 2015

      Hallo Romy,

      ohje, da kann ich nur hoffen, dass deine Oma nicht sehr lange leiden hat müssen. Wie schon im Text beschrieben ist es ein­fach so ver­dammt wichtig, dass man seine Zeit und die der anderen zu schätzen weiß. Vor lauter Leben ver­gisst man das leider viel zu oft…

      Viele Grüße,
      Janina

  • Nadja Öz
    24 . 11 . 2015

    Toll geschrieben Janne und vor allem wahre Worte! Alles Liebe deiner Omi <3

  • Anonymous
    24 . 11 . 2015

    meine hoch­ach­tung vor dir und auch für diesen text.… hab dich über alles lieb, deine mama.….

    • Jay
      24 . 11 . 2015

      Oh Mum :-* Ich hab Dich auch lieb!

  • Katrin
    24 . 11 . 2015

    groß­ar­tiger Post!
    mehr möchte und kann ich gar nicht schreiben..
    auf jeden Fall danke für das Anregen zum Nachdenken!

    ich wün­sche dir viel Kraft dabei :)
    LG Katrin

    • Jay
      24 . 11 . 2015

      Hallo Katrin,

      ich danke Dir für Deine Worte! Das bedeutet mir sehr viel. Offen gesagt habe ich sehr mit mir geha­dert das Thema so offen anzu­spre­chen. Aber da es sicher jedem schon einmal so ging oder gehen wird ist es sicher nicht ver­kehrt auf dem Blog dar­über zu schreiben.

      Herz­lichst,
      Janina

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