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12. März 2022 – in Gedenken an meine ver­stor­bene Mama

Veröffentlicht am

Heute ist der Todestag meiner Mama und ich habe ihn vergessen.

Als mir meine Freundin eine Nach­richt schickt mit den Worten „Ich denke heute an Deine Mama!“, frage ich mich warum. Ich ver­lasse die App, schließe das Nach­rich­ten­fenster und starre auf das Datum an meinem Handy: 12. März 2022. Okay. Wow. Ihr Todestag. Es sind inzwi­schen drei Jahre ver­gangen. Ich schaue aus dem Fenster und die Sonne strahlt mir ent­gegen. Heute ist kein grauer Tag, alles fühlt sich warm und weich an, man kann den Früh­ling rie­chen. Nichts an diesem Tag ist schlecht. Ich frage mich, ob das in Ord­nung ist. Ist es okay, dass die Schön­heit eines Tages und der Alltag mit meiner Familie mich derart erfüllt, dass ich ver­gesse einen Moment an meine Mama zu denken, daran, dass ich sie heute vor drei Jahren habe gehen lassen? Habe ich die Trauer etwa über­wunden? Ist das über­haupt möglich?

Bis heute fehlt mir dieser eine Mensch, an den ich mich immer und mit allem wenden kann – so ganz ohne jemand sein zu müssen, einer Rolle zu ent­spre­chen. Ich selbst, Janina, mit all meinen Facetten. Jeder Mensch braucht doch so einen Men­schen für sich. Eine Mama-Kind-Bezie­hung ist ein­fach so wert­frei und dass sind zwi­schen­mensch­liche Bezie­hungen meist selten. Es findet sich kein Ersatz für diesen Gegen­über und so komme ich seit jenem Tag ohne solch eine Person aus. Ich muss. Und ich kann gar nicht in Worte fassen wie sehr das mein Leben prägt, mich oft­mals richtig schafft und wie häufig ich es leid bin Dinge aus­halten zu müssen, durch­zu­stehen. Auch wenn meine Mama phy­sisch und psy­chisch sehr ange­schlagen war und ich genau aus diesem Grund sehr früh schon sehr stark sein musste, gab sie mir durch ihre eigene Schwäche genau den pas­senden Raum, in dem ich mich als erwach­sene Frau fallen lassen konnte. Sie hatte nie die besten Rat­schläge, aber das war auch nie­mals mein Anliegen, wenn ich mich an sie wandte. Mein Bedürfnis war völ­lige Akzep­tanz, auch wenn ich mich gerade sehr klein fühlte, im Nega­tiven auf­hielt und mich im eigenen Mit­leid suhlte.

Wenn man sich jetzt fragt wie ich den Todestag meiner Mama doch nur ver­gessen konnte, ich kann’s nicht näher erklären. Ich fühle mich des­wegen nicht schlecht, son­dern bin fast ein biss­chen erstaunt dar­über, dass ich es geschafft habe diesen Tag erfolg­reich zu ver­drängen. End­lich. Natür­lich hat der 12. März für mich sehr wohl eine immense Bedeu­tung, aber ich ver­binde damit nichts Gutes, son­dern nur das Gefühl den Boden unter den Füßen zu ver­lieren, haltlos zu sein. Alles Gefühle, die ich eigent­lich über­haupt nicht fühlen mag, die mich aber stets begleiten. 

Vor wenigen Tagen stand ich in der Küche und habe geweint, urplötz­lich und so bit­ter­lich wie es selten der Fall ist, wäh­rend ich dabei war Essen zuzu­be­reiten. Der Tod meiner Mama und ihr Nicht-Exis­tieren traf mich wieder einmal mit einer Wucht, als wäre sie erst ges­tern gestorben. Einige Tage vor ihrem Todestag… Es wird wohl immer glei­cher­maßen weh tun, da bin ich sicher. Ich erin­nere mich noch gut daran wie emo­tional meine Mutter immer wurde, wenn sie über ihre eigenen Eltern gespro­chen hat. Damals emp­fand ich es oft als über­trieben, dass sie jedes Mal in Tränen aus­brach. Wie unfair und anmas­send, dass ich mir erlaubt habe dar­über zu urteilen. Heute über­rascht es mich jedes Mal aufs Neue wie sehr ein Ver­lust dieser Art auch Jahre später noch schmerzt, wie tief die Wunde ist und, dass sie ein­fach beschlossen hat nie­mals auf­zu­hören zu bluten. Ich hasse es, dass meine ein­zige Option Akzep­tanz ist.

Am 12. März 2022 war ich also irgendwie auch ganz froh, dass ich ihren Todestag schon halb hinter mich gebracht hatte, bevor ich gedank­lich aber­mals begann den Ablauf von vor drei Jahren durchzugehen. 

Diese eine alles ver­än­dernde Nach­richt. Gefühle, die sich über­schlugen. Das Kind im Arm, das sich an den Brust in den Schlaf trank, wäh­rend mein Herz in tau­send Teile zer­sprang. Es war das Ende unserer Stillbeziehung. 

Nikotin. Die Ant­wort auf meine nicht vor­han­dene Mög­lich­keit Stress zu regu­lieren. Eine Auto­fahrt, an die ich keine Erin­ne­rung mehr habe. Wie ich die Ort­schaften gewech­selt habe? Auto-Pilot. Ober­grom­bach. Mein Zuhause. Diese Gerüche. Men­schen, ihre Blicke. Mein Weg führte direkt ins Schlaf­zimmer. Der Ort, an dem sie die meiste Zeit ihres Lebens verbrachte.

Da lag sie, meine Mama, sichtbar war nur ein Teil ihres Kopfes. Lei­chen­blass und steif. Sie war ein­fach nicht mehr da, nur noch ihr leb­loser Körper. Man sah ihr an, dass sie schon lange Zeit fort war. Ich ver­stand schnell, dass es hier keine Optionen mehr gibt. Dass dies das Ende bedeu­tete, ihr Ende. Was hier vor mir lag nicht mehr meine Mama, denn das was sie am Aller­meisten aus­machte – ihre Wärme – war bereits nicht mehr zu spüren.

Ich fühlte mich schuldig und dachte immer wieder daran, dass ich doch dieses oder jenes hätte tun können, sollen, MÜSSEN. Ein Gefühl, dass lange anhielt und mich häufig an sehr schlechten Tagen in meinem Leben ein­holte. Es hat lange gedauert zu erkennen, dass ich nicht ver­ant­wort­lich war für ihr Leben. Dass ich es nie war und nur sehr lange Zeit dafür ver­ant­wort­lich gemacht wurde. Ohje, ich war doch damals viel zu jung um diese Bürde alleine zu stemmen. Ich konnte ein­fach lange nicht anders. Denken, dass ich ihren Tod hätte ver­hin­dern können. Ver­mut­lich hätte ich ihn hin­aus­zö­gern können. Mehr aber auch nicht. Was ich jedoch hätte tun können ist Zeit mit ihr zu ver­bringen, ohne zu streiten, zu urteilen, zu werten. Sie anzu­nehmen in all ihrer Art, mit all dem, was für mich so schwer zu akzep­tieren war. Ich hätte sie mehr lieben sollen. Was ich habe, aber ich hätte es sie häu­figer spüren lassen wollen. Das allein hätte ihr auf jeden Fall geholfen ihre rest­liche Zeit in Fülle und weniger in der Bedürf­tig­keit zu ver­bringen. Ich wünschte ich hätte das getan. Heute, in meiner Spi­ri­tua­lität, glaube ich an eine Ver­bun­den­heit aller Seelen. Glaube ich daran, dass ich die Mög­lich­keit besitze ihr noch zu geben, was ich gerne zu Leb­zeit‘ gegeben hätte. Und das tue ich mit Texten dieser Art, die nebst meiner Gedanken für mich eine Art Sprach­rohr, Ver­bin­dung zu meinem höheren Selbst, dem Kol­lektiv darstellen. 

Oh, sie hatte es sich so ver­dient zu sterben! Und ich habe kein Recht dazu kla­gend nach einem Warum zu fragen. Purer Ego­ismus. ICH wollte nicht, dass sie stirbt. Ich. Weil es für mich bedeu­tete, dass meine Welt ins Wanken gerät, dass ich Schmerz und Trauer erfahren muss, dass mein Leben an keinen Tag mehr sein wird als zuvor. Aber was ist mit ihr? Was wollte meine Mama wohl? Was war ihr sehn­lichster Wunsch? Ganz bestimmt Erlö­sung, nicht mehr in diesem Körper gefangen zu sein, auch wenn das für sie hieß Abschied nehmen von ihren geliebten Kin­dern, ihrem Ehe­mann. Wäre sie nicht bereit gewesen, dann wäre sie nie­mals gestorben. Wer so viel Leid über­leben kann, kämpft – immer und immer wieder – der lässt erst lost, wenn die Zeit, das eigene Ende auch wirk­lich gekommen ist.

Mama, wo auch immer Du bist. 

Ich weiß Du kannst mich spüren, meine Gedanken, Emo­tionen. Ich bin dankbar für unsere Zeit, tief­traurig und auf Ewig erschüt­tert bis ins Mark, aber ich gönne Dir Deinen Tod, Dein übers Ziel schreiten nach all der Lebens­zeit, das Errei­chen Deiner Erfül­lung. Du bist frei. Jetzt und für alle Zeit. Hof­fent­lich war das die här­teste Prü­fung deiner See­len­reise und die kom­menden Leben, inso­fern es welche geben wird, sind geprägt von Freude, Leich­tig­keit und vor allem Gesundheit

Wäh­rend ich meine beide Kinder ins Bett brachte, dachte ich noch einmal dar­über nach „wie“ ich den Todestag meiner Mutter ver­gessen konnte… Ja, ich konnte. Ich darf. Endlich!

Nach­trag

Es war schon spät am Abend und ich stand im Bade­zimmer, putzte meine Zähne und dachte noch ein wenig über meine Mama nach. Mein Blick führte zu unserem ein­ge­bauten Radio, das zwi­schen den Fließen inte­griert ist. 

22:21 Uhr am 12.03.2022 – so viele Zweier, ein paar Einsen und die Zahl Drei. Ergänzt man an der Drei nur einen kleinen Halb­kreis wird sie zur Neun. 12.09. – der Geburtstag von Merlin. „Moment! Merlin ist an einem 12. eines Monat geboren. Meine Mama ist am 12. eines Monats gestorben. Warum fällt mir das erst jetzt auf?“

Der errech­nete Geburts­termin von Merlin war ja ursprüng­lich der 01.10.2021, was der Geburtstag meiner Mama ist. Der Kleine kam dann letzt­end­lich drei Wochen früher als gedacht, am 12.09.2021.

„Zahlen bilden die Grund­lage des Universums.“
Birgit Jan­kovic-Steiner
Die Zahl 1 ist Zei­chen der abso­luten Voll­kom­men­heit, Ein­heit, Ganz­heit und Unend­lich­keit. Für Pola­rität – also das Ver­hältnis sich gegen­seitig bedin­gender Größen – steht die Zahl 2. In der Antike galt die 3 als ein Symbol für Geschlos­sen­heit, Voll­stän­dig­keit, und so lässt sich analog die Tri­nität. Die Zahl Neun ist die gestei­gerte ein­fache Dreiheit.

Ich ging ins Bett, kuschelte mich zwi­schen meine beiden Jungs und betrach­tete Merlin, wohl­wis­send, dass er mir mit Bestimmt­heit vom Uni­versum geschickt wurde. Ein Junge, der meine Kräfte ganz anders aus­schöpft, mich viel weiter treibt als ich dachte es sei mög­lich. Mein Heiler. Und daneben mein Großer, Luis. Das Eben­bild meines Cha­rak­ters, meines Seins. Mit ihm fühle ich mich so sehr ver­bunden, kann fühlen was er fühlt. Es bedarf schon immer weniger Worte und ich habe kaum einen Tag das Gefühl ihn “erziehen“ zu müssen. Er lehrt(e) mich Selbst­liebe, Akzep­tanz, das Aus­ein­an­der­setzen mit meinen Ängsten und so vieles mehr. Jedes Mal, wenn ich mich wei­ter­ent­wickle, kommen wir uns näher. Ich bin dankbar für dieses Leben, egal wie schmerz­er­fül­lend manche Tage darin sind.

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